Brücken bauen

02_24

Sie sind als traditioneller, familiengeführter Makler tätig. Wie schafft man es heute noch, sich als universell tätiger Immobiliendienstleister vom Markt abzuheben?
Die schöne Vorstellung, dass Makler stets seriös, nachhaltig und im Interesse des Kunden handeln, ist trotz positiver Beispiele in der Öffentlichkeit nicht weit verbreitet. Das kommt uns leider entgegen, denn unsere Kunden finden bei uns das, was von einem Makler allgemein nicht erwartet wird. Das ist für uns ein großes Motiv, gut zu sein und von unseren Kunden weiterempfohlen zu werden. Den zentralen Grund dafür sehen wir auch in der Führung als Familienunternehmen: Unseren Ruf wollen und müssen wir wahren. Davon abgesehen sind wir universell und gleichzeitig spezialisiert tätig. Wir sind groß genug, um Synergien in unterschiedlichsten Geschäftsbereichen zu nutzen und von unserem regionalen Know-how in München zu profitieren. Das gilt sowohl für den Investmentbereich wie auch für den privaten Immobilienkunden.

Was machen Sie anders?
Neben unseren Tätigkeiten im Bereich Wohnen gibt es eine Vielzahl von Mandanten, die wir umfassend und über den ‚Tellerrand‘ hinaus betreuen. Dazu zählen Family Offices, Erbengemeinschaften, vermögende Privatpersonen, Stiftungen Pensionskassen, Nachlassverwalter und institutionelle Kunden, die wir etwa bei Verkauf und Verwaltung oder Privatisierung im Bereich Wohnanlagen, Wohn- und Geschäftshäuser und Grundstücke unterstützen.

Sie engagieren sich politisch in Verbänden und als Lobbyist für die wohnungswirtschaftlichen Belange in der Landeshauptstadt. Was konkret unternehmen Sie, was ist das Bestreben Ihres Wirkens?
Als Makler, als Mitglied des IHK-Ausschusses Immobilienwirtschaft sowie als Vertreter der Wohnungswirtschaft in der IHK-Vollversammlung sehe ich mich nicht als Lobbyist der Branche. Wir alle wollen, dass der Markt zwischen Käufern und Verkäufern funktioniert, wovon letztlich natürlich alle Unternehmen und Privatpersonen profitieren. Daher sehe ich mich schon eher als Brückenbauer. Unsere Anliegen sollen dem Markt und seinen Playern dienen.

Sie sind regelmäßig in Berlin und sprechen dort auch über wohnungspolitische Themen mit den Arbeitsgremien der Bundesregierung. Was sind Ihre aktuell wichtigsten Themen, was sind Ihre konkreten Forderungen für die Immobilienwirtschaft?
Für unseren Berufsstand leite ich im Bundesverband den Makler-Fachausschuss des IVD, in dem es um die Belange der Mitglieder und den Maklerberuf als Solchen geht. Im Rahmen unseres jüngsten immobilienpolitischen Ausflugs nach Berlin haben wir uns seitens des wohnungspolitischen Kreises der IHK mit vielen regionalen Bauträgern auch über die Möglichkeiten und die Umsetzung der wohnungspolitischen Maßnahmen der Bundesregierung ausgetauscht. Der Vorteil ist: Als Brückenbauer werden wir mit guten Vorschlägen zu marktaktuellen Themen wie energetischen Maßnahmen und Eingriffen der Politik angehört, als Lobbyisten weniger.

Was erreichen Sie für den lokalen Markt, wie gewinnt München?
Bundespolitische Aktivitäten haben ja immer eine Rückwirkung auf die regionalpolitische Ebene, die Abhängigkeiten sind gegenseitig gegeben. Sei es mit Blick auf den Nachfragerückgang, wie auf die massiven Probleme der Bauträger und Entwickler. Was die Politik der Stadt betrifft, halte ich die sozialgerechte Bodennutzung für maßlos übertrieben, nicht finanzierbar und daher kontraproduktiv für die gesamte Immobilienwirtschaft – am Ende auch in der Auswirkung für die Mieter. Ebenfalls problematisch sehe ich die Eigentumsförderungspolitik, die nicht stark genug ausgeprägt ist. Immerhin macht jeder Käufer eine Mietwohnung frei und ‚stabilisiert‘ das Gemeinschaftseigentum. Stattdessen nutzt die Stadt Vorkaufsrechte und erwirbt Mehrfamilienhäuser zu Lasten der Steuerzahler, damit dort eine überschaubare Anzahl von Personen als Mieter ‚Schutz vor Vertreibung‘ finden. Für mich sind das ideologische Fehler und unverhältnismäßige Markteingriffe seitens der Stadt, was in der Bundespolitik tendenziell ebenfalls zu beobachten ist.

Wie waren die Gespräche zum aktuellen Maßnahmenpaket der Bundesregierung und wie können die gewerblichen Player am wohnwirtschaftlichen Immobilienmarkt profitieren?
Die Themen sind für Makler, Bauträger und Bestandshalter gleichermaßen relevant. Wenn wir die Nachfrage nicht unterstützen und in Schwung bringen, haben alle ein Problem. Nach wie vor wollen, aktuellen Studien zufolge, Dreiviertel aller Bundesbürger zwischen 27 und 35 Jahren Eigentum erwerben. Ihnen gilt es zu helfen, dann wird auch der momentan extrem knappe Mietraum frei. Genau das war unsere Mission in Berlin, dort aus der Praxis zu berichten, welche Maßnahmen in die falsche Richtung gehen. Konkret hatten wir auch steuerliche Aspekte aufgegriffen und veranschaulicht, warum beispielsweise Fördermittel nicht abgerufen werden. Ein wichtiger praxisnaher Punkt ist für mich nach wie vor der Anschaffungsnahe Erhaltungsaufwand, der aktuelle Förderziele konterkariert. So soll etwa das Programm ‚Jung für Alt‘ die Transformation alter Gebäude in energetisch sanierte neue Gebäude unterstützen. Gleichzeitig gibt es Steuergesetze, die einer zügigen Umsetzung entgegenwirken. Denn die Regelungen des anschaffungsnahen Erhaltungsaufwands schreiben vor, dass Aufwendungen nur unter bestimmten Bedingungen, beispielsweise mit Höchstgrenzen, als Werbungskosten abgeschrieben werden können. Um aktuelle Bauvorhaben, die sich im Rohbau befinden, nicht zur Bauruine verkommen zu lassen, hatten wir angeregt, die degressive AFA auch auf bereits begonnene Projekte noch zum Zeitpunkt des Kaufvertrags zu berücksichtigen.

Pessimisten sehen dunkle Wolken am Horizont, Optimisten glauben an ein gesundes Gewitter. Wie beurteilen Sie aktuell den Münchner Wohnimmobilienmarkt und wo sehen Sie Chancen und Herausforderungen für das neue Jahr?
In München befinden wir uns in langsamer Entspannung einer regelrechten Schockstarre. Hier waren die Preise durch die sinkenden Zinsen noch stärker gestiegen als in anderen Standorten, das ergibt mehr Nachholbedarf für sinkende Preise. Wir können es aber auch so sehen: Wenn die Eigentümer über einen längeren Zeitraum 100 Prozent Gewinn gemacht haben, ergibt eine Reduzierung von 30 Prozent immer noch 70 Prozent Gewinn. Schwierig wurde es für jene Investoren, die in erst den vergangenen drei bis vier Jahren und damit zu spät gekauft und möglicherweise kurzfristig oder zu hoch finanziert haben. Doch es ist absehbar, dass es sich an der Zinsfront beruhigen wird. Die Nachfrage wird steigen, wenn die Verkäufer bereit und in der Lage sind, die Preise anzupassen. Ich gehe jedoch nicht davon aus, dass es wieder drastisch bergauf gehen und wir zügig die Preise der Vergangenheit zurückbekommen werden. Je nach Zinsverlauf könnten die Preise in manchen Lagen bis Mitte 24 sogar noch leicht nachgeben. Gleichzeitig hat München eine wunderbare Spanne von Preisen im Extremfall zwischen 3000 und 15 000 Euro pro Quadratmeter.

Was macht die Stadt und Metropolregion besonders, wie sehen Sie den Standort im Vergleich zu anderen Metropolen in Deutschland und Europa und was vermissen Sie in der Region?
Die geographische Lage und das Klima sind schon sehr besonders. Käufer profitieren zudem von der großen Unterschiedlichkeit der Preise, die München seit jeher attraktiv macht. Schwache Immobilien in guten Lagen lassen sich meistens entsprechend gut entwickeln, wirklich schlechte Lagen gibt es in München fast nicht. Logischerweise hat unsere Stadtpolitik die Aufgabe, sich für Mieterbelange einzusetzen und diese im Markt zu schützen. Von der Stadt und der Politik wünsche ich mir daher mehr Mut zum Markt und zur sozialen Marktwirtschaft und dazu mehr Respekt und Achtung vor den Leistungsträgern wie den Unternehmern und den Vermietern. Nur sie sind bereit und in der Lage, Risiken einzugehen und Verantwortung zu tragen. Fehlbelegungen wiederum zeigen die Problematik der sozial geförderten Wohnwirtschaft. Daher sollte die Politik Branchen und Berufsstände moderieren und nicht immer nur monieren und in Eigentumsbelange eingreifen. Wir dürfen nicht riskieren, dass das Fundament unserer Wirtschaft zerstört wird.

Über den Münchner Wohnimmobilienmarkt wird aktuell sehr unterschiedlich diskutiert. Wie schaut für Sie das München der Zukunft aus?
Das Wohnungsangebot wird knapp bleiben, da die Stadt und ihre Unternehmen als Arbeitgeber weiterhin eine hohe wirtschaftliche Attraktivität und Anziehungskraft haben. Ich glaube auch nicht, dass es Abwanderungstendenzen geben wird. Wichtig ist, wie gesagt, dass sich die Einstellung am Markt ändert und dass Leistungsträger seitens der Politik und seitens der Bevölkerung das Fundament bekommen, das sie für erfolgreiches Unternehmertum benötigen. Wäre beispielsweise nicht auch eine Steuer für Radler sozial gerecht, die ebenfalls Straßeninfrastruktur nutzen?

Was sind für Sie die derzeit innovativsten und kreativsten wohnwirtschaftlichen Immobilienkonzepte in der Stadt?
Das ist für mich schwierig zu sagen, denn München ist eine sehr traditionelle Stadt. Die Frage wäre für mich eher, wieviel Gestaltungsspielraum etwa ein Bauträger hat, um kreativ zu wirken. Im Rahmen unserer Gespräche mit den wohnungspolitischen Sprechern stellte sich heraus, dass sich Berlin bei der anstehenden Reform des Baugesetzbuches (BGBs) stark an der bayerischen Bauordnung orientieren möchte. Das wären für Bayern eine verdiente Bestätigung und eine sehr gute Grundlage.

Welche Maßnahmen beziehungsweise Veränderungen am Markt werden essenziell sein und was erwarten Sie von der Stadtpolitik?
Der Druck auf die Mieten sollte nicht zu Maßnahmen führen, die Bauherren, Eigentümer und Investoren noch stärker regulieren. Vielmehr wünsche ich mir von der Stadt Programme, die den Eigentumsanteil erhöhen und so die sozialen Strukturen stärken. Eine dominante Mieterstadt ist keine stabile Stadt. Außerdem müssen die Aufteilungsgenehmigungen unter Auflagen abgeschafft werden, um beispielsweise bei Erbengemeinschaften zu ermöglichen, Wohnungen ohne Einschränkungen untereinander zu verteilen. Andernfalls müssen diese, wie so oft in letzter Zeit, steuerbedingt zwangsweise verkauft werden. Diese Art von Beschränkungen hat sozialistische Züge, führt zu absurden Konsequenzen und greift überdimensional und mit falschem Ziel in die Marktmechanismen ein. Aufgeteilte Wohnungen verdrängen nicht per se Menschen. Im Gegenteil. Mieter dieser Wohnungen sind immerhin zehn Jahre lang vor Eigenbedarfskündigung und zudem regulär vor Mieterhöhung geschützt. In dem Punkt wünsche ich mir eine klugen Stadtpolitik und mehr Weisheit. München ist einerseits perfekt, andererseits aber auch verletzlich. Daher muss die Ausgewogenheit aller Interessen im Mittelpunkt stehen.

DAVE – Das Maklernetzwerk

Das Immobilienberater-Netzwerk Dave ist ein deutschlandweiter Zusammenschluss überwiegend inhabergeführten Dienstleister, die in Deutschland an allen wichtigen Immobilienstandorten tätig sind. Als einer von zwölf Dave-Partnern zählt Rohrer Immobilien zu den Gründungsmitgliedern des Verbundes. Der Kerngedanke ist, sich im Netzwerk als Alternative zu den großen nationalen und internationalen Maklerketten zu präsentieren und zu unterstützen. Als Besonderheit gilt bis heute, dass es in allen großen Metropolen nur ein inhabergeführtes Mitgliedsunternehmen gibt, das eine definierte Bandbreite an Dienstleistungen sowohl im privaten wie gewerblichen Immobilienbereich gewährleisten muss.

Weitere Beiträge siehe auch: www.immobilienbrief-muenchen.de

***FRAGEN? WÜNSCHE? IDEEN? ANREGUNGEN? KRITIK? Zu Vorsorge- oder Finanzthemen? Auf geht’s! Interviewpartner, Redaktion und die Experten freuen sich über Feedback und stehen darüber hinaus ganz unverbindlich mit Rat & Tat zur Seite!

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Nach oben scrollen