Beraten oder verkauft?

Überrumpeln gehört zum Programm: Windige Finanzvermittler pirschen sich am Telefon oder durch die Haustür aufs Sofa. Immer häufiger auch getarnt als seriöse Bankberater. Skeptisch werden sollten Geldanleger vor allem bei dubiosen Kontaktanbahnungen und persönlichen Fragen. So erkenne ich eine solide Anlageberatung und vermeide üble Tricks.


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Das gewissenhafte Abfragen der eigenen Bedürfnisse und Ziele sowie der eigenen Risikobereitschaft, Kenntnisse und Erfahrungen gehört zum Standardrepertoire einer anlegergerechten Beratung. Doch manchmal läuft es auch anders: Seit Beginn der Corona-Pandemie ergaunern Trickbetrüger mit perfiden Methoden hohe Summen als vermeintliche Finanzberater. Über 14 Millionen Euro betrug der Schaden laut dem bayerischen Innenministerium allen in Bayern. Tendenz steigend.

Als ehemalige Bank- oder Sparkassen-Mitarbeiter getarnte Finanzvermittler entlocken Kunden am Telefon vertrauliche Kontoinformationen – oder aber stehen plötzlich persönlich vor der Tür. Auch die Verbraucherschutzvereine warnen aktuell vor unseriösen Täuschungsmanövern, die in den Monaten der Corona-Pandemie stark zugenommen haben.

Beratung auf Provision?

Im Gegensatz zur Berufsgruppe der Sparkassen und Banken ist die Berufsbezeichnungen der freien ‚Finanz- oder Vermögens-Berater‘ gesetzlich nicht geschützt. Sascha Straub, Referatsleiter Finanzdienstleistungen und Marktbeobachtung bei der Verbraucherzentrale Bayern bestätigt: „Die meisten Vermittler arbeiten auf Provisionsbasis. Im Mittelpunkt stehen daher oft der Verkauf eines konkreten Produktes und manchmal auch der schnelle Abschluss eines Vertrags.“

Zustimmung fehlt

Skeptisch werden sollten Geldanleger daher vor allem nach dubiosen Kontaktanbahnungen, die in der Regel ausschließlich das Ziel haben, schnell zu verkaufen und hohe Provisionen zu kassieren oder gar Anlagebeträge zu veruntreuen. „Misstrauisch werden sollten Anleger dann, wenn beispielsweise der erste Kontakt, wie so oft, ohne vorherige Ankündigung über das Telefon oder an der Haustür erfolgt. Auch unaufgeforderte Angebote per E-Mail werden immer beliebter“, ergänz Straub, „Obwohl die Kontaktaufnahme ohne vorherige Zustimmung gesetzlich untersagt ist, lassen sich unseriöse Finanzvermittler davon nicht abschrecken.“ Der Grund ist, dass eine Missachtung des Verbots leider kaum verfolgt wird.

TIPP! Verlangen sollten potenzielle Geldanleger unbedingt aussagefähige Informationen über die bisherige Tätigkeit des Beraters. Hochglanzprospekte und repräsentative Büroräume sind häufig nur Blendwerk. Die Zulassung der Finanzvermittler lässt sich bei der Bundesfinanzaufsicht oder der örtlich zuständigen IHK überprüfen.

VORSICHT Speed-Dating!

*Spontane Anrufe von Fremden, die einen Termin für eine Anlageberatung anbieten wollen, sind wettbewerbsrechtlich nicht erlaubt. Übliche Lockbegriffe sind „Altersvorsorge optimieren“, „Steuern sparen“ oder „risikolos“.

*Angebliche Empfehlungen aus dem Arbeits- oder Bekanntenkreis sollen eine persönliche Eben und Vertrauen schaffen.

*Prospekt im ersten Termin verlangen und relevante Fakten markieren lassen.

*Niemals am gleichen Tag unterschreiben. Seriöse Berater geben dem Kunden genug Zeit, die Unterlagen zu einer Geldanlage genau zu studieren und ggf. eine zweite Meinung einzuholen, z.B. bei einer Verbraucherzentrale oder einem Steuerberater.

VORSICHT Sprüche-Klopfer!

*Gute Wertentwicklungen in der Vergangenheit lassen sich nicht in die Zukunft transportieren und können nur ein Randaspekt sein.

*Geheimtipps gibt es nicht: Der Markt für Geldanlagen ist nahezu transparent.

*Konkrete Versprechen zu Sicherheit, Rendite und Laufzeit der Angebote sind wertlos, wenn sie nur mündlich erfolgen. Alle wichtigen Fakten immer schriftlich bestätigen und aushändigen lassen.

*Vorsicht bei zu positiven Zukunftsaussichten: Konservative Geldanlagen für die Altersversorgung erfordern eine ebenso konservative Langfristprognose. Selbst wenn Verwandte oder Bekannte die versprochene Rendite erhalten haben, spricht das nicht zwingend für die Seriosität des Angebotes: Häufig werden den Anlegern anfangs die versprochenen hohen Zinsen gezahlt, um über eine Art Schnellballsystem neue Kunden zu gewinnen.

*Bei Aufforderung zur Kündigung bereits vorhandener Anlagen sofort Gegenrechnung verlangen und misstrauisch werden.

*Kosten für Vertrieb, Prospekterstellung, Verwaltung und Vermittlung exakt auflisten lassen.

TIPP! Jeder Vertrag kann innerhalb von 14 Tagen widerrufen werden kann, wenn nach Vertragsabschluss Zweifel an der Entscheidung aufkommen. Parallel sollten Geschädigte schnellstmöglich aktiv werden und einen Anwalt aufsuchen. Denn die Verjährungsfrist schreibt vor, dass ab der Anlageempfehlung –nicht dem Abschluss- maximal drei Jahre vergangen sein dürfen. (Quelle: Verbraucherzentralen Bayern und Hessen)

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