Träume bewahren

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Als Krankenpflegerin auf der Intensivstation sind Sie täglich mit dem Sterben konfrontiert. Wie leben Sie mit diesen Emotionen und wie normal ist für Sie das Lebensende?

Ängste gehören dazu und dürfen sein, jeder Mensch hat Angst vor dem Sterben: Wir haben unseren Koffer gepackt, gehen von dieser Welt und wissen nicht wohin die Reise geht. Es ist das größte Abenteuer im Leben eines Menschen. Für mich gehört der Tod zum Leben dazu. Natürlich macht es einen Unterschied, ob Senioren nach einem erfüllten Leben gehen – oder ein junger Mensch aus dem Leben gerissen wird. Für mich persönlich ist Sterben nicht beängstigend, vielleicht ein wenig der Weg dorthin.

Wie kann Vorsorge helfen?

Es ist nicht einfach, wenn Menschen über ein fremdes Leben entscheiden müssen oder Angehörige nicht loslassen können. Ich persönlich würde am liebsten zackig-schnell von dieser Welt gehen, so wie ich es auch in meinem Leben bin. So wie vielen anderen wäre es auch mein Wunsch, nicht an Schläuchen zu hängen. Das macht meiner Erfahrung nach entsprechende Vereinbarungen zwingend notwendig. Allerdings bin ich der Meinung, Entscheidungen über Leben oder Tod sollten nicht die Angehörigen treffen müssen. Warum nicht ein ‚runder Tisch‘ aus einer kleinen Anzahl guter Freunde? Das gibt es bei uns im Klinikum für das Personal wie auch für Angehörige, wenn Situationen belasten oder schwierige Themen zu entscheiden sind: Eine wunderbare Ethik-Kommission aus allen Arbeitsbereichen der Klinik bis hin zum Direktorium und der Seelsorge.

Wie sehen Sie das Leben heute?

Das Leben zu genießen ist nicht immer einfach – erst recht, wenn wir beispielsweise von der Arbeit müde und ausgebrannt sind. Trotzdem gebe ich mir Mühe intensiv zu leben, dankbar zu sein und nicht alles selbstverständlich zu nehmen. Zum alltäglichen, kleinen Genuss gehören für mich auch vermeintlich einfache Dinge wie Aufwachen ohne Schmerzen, ein warmer Sonnenstrahl oder eine Tasse Kaffee mit einem freundlichen Gedanken an die Kaffeebauern in Südamerika.

Für die meisten Menschen ist die eigene Vergänglichkeit ein Tabuthema. Wie kann der Tod helfen, Mut zu machen und ihn als wichtigen Teil des Lebens anzusehen?

Nach einem langen Leidensweg kann der Tod eine große Erleichterung sein, was oft mit einem sehr entspannten Gesichtsausdruck der Person verbunden ist. Spätestens dann ist auch den Angehörigen klar, dass es der richtige Weg war. Der plötzliche Tod ist hart. Doch selbst dann kann es helfen, sich den Menschen genauer vorzustellen: War es für ihn oder sie unter Umständen einfacher zu gehen als Leid und Schmerzen auszuhalten? Das denke ich mir oft und diese Gedanken können helfen, Unverständliches zu begreifen. Andererseits lese ich Bücher und schaue Filme über die Unendlichkeit – und ich denke: Nein Danke, das Leben soll auch ein Ende haben und ich möchte nicht die Letzte sein, die zurückbleibt (lacht). Aber das kann letztlich jeder nur für sich ganz allein entscheiden.

Sie erleben täglich Schicksalsschläge, schwere Erkrankungen und andere Extreme. In welchen Bereichen kann finanzielle Vorsorge helfen und wie sorgen Sie persönlich vor?

Ich selbst habe eine Beerdigungsversicherung, die ich sehr wichtig finde. Keiner sollte meiner Ansicht für meine Beerdigung bezahlen. Auch die Leistungen der privaten Versicherungen sollte jeder für sich eingehend prüfen, besonders auch im Hinblick auf Pflege, wenn diese intensiver ausfallen müsste. Das will ich unbedingt auch für mich selbst noch mal genauer überprüfen lassen. Zur persönlichen Vorsorge innerhalb der Familie zählen für mich das Aufräumen und Ordnen aller relevanten Dokumente im Fall der Fälle – sowie natürlich ein Testament.

Viele Menschen haben Zukunftsängste. Wie ist es zu schaffen, immer wieder den positiven Blick nach vorn zu richten?

Jeder Mensch hat Angst, auch Existenzängste. Gleichzeitig denke ich mir, wir leben in einem sehr sicheren, behüteten Land mit einem funktionierenden sozialen Netz und profitieren zudem von unzähligen, wertvollen Freiheiten. Das alles weiß ich sehr zu schätzen, auch wenn uns diese Dinge sehr selbstverständlich geworden sind. Vielleicht sollten wir manchmal einfach den Blickwinkel ändern und versuchen, uns unsere Träume zu bewahren. Mir jedenfalls hilft das immer wieder sehr. Ebenfalls bereichernd für sich selbst kann es sein, mit etwas mehr Achtsamkeit durch die Welt zu gehen. Öfter mal ein ‚Dankeschön‘, ein freundlicher Gruß, ein Wort zu einem Fremden, ein Lächeln oder einem Auto die Vorfahrt überlassen – da geht es uns selbst auch gleich viel besser. Natürlich gelingt es auch mir nicht immer gleich gut, mich selbst wieder aufzurichten. Aber im Großen und Ganzen versuche ich schon, die Welt sehr positiv zu sehen. (Stefanie Creutz für www.vorsorge-dachau.de)

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