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Den knapp einen Kilometer von der Ortsmitte entfernten Pferdehof haben Gertraud und Martin Schwinghammer seit 1996 von Grund auf aus- und umgebaut. Zwei Jahre später kamen die ersten Pferde. Für ihr Lebenswerk siedelte die Familie nach vier Generationen Milchbetrieb vom Hof im Ohlstädter Dorfzentrum in das neue Haus und die Hofgebäude an der Weichser Straße. Am 1. Oktober 1999 starteten Gertraud und Martin Schwinghammer ganz offiziell ihren Pferdebetrieb: Der ehemalige Kuhstall wurde in 16 Einzelboxen und fünf große Laufställe mit Außenpaddock umfunktioniert und auf mittlerweile etwa 20 eigene Tiere und rund 60 Pensions-Pferde ausgedehnt.
Wie mutig war der Schritt, einen ungewöhnlichen neuen Weg zu gehen?
Pferde waren bei uns daheim immer da. Beide hatten wir immer mit Reiten, Nutztieren und Pferdhaltung zu tun. Relativ bald nach der Hochzeit war für meinen Mann klar, wir bauen mal einen Rossstall. Die am Ortsrand gelegenen fünf Hektar Wiesen eigneten sich perfekt für unser Projekt. Gebaut haben wir komplett in Eigenleistung. Die Zeichen standen günstig, denn mit Jahresbeginn der Betriebsgründung wurde die Pferdehaltung in Bayern privilegiert. Unsere Planungen begannen früh, noch ohne EU-Subventionen. Wir starteten mit insgesamt 27 Pferden. Die Boxen waren schnell belegt.
Ihre Anlage, das Areal und der Blick auf die Zugspitze sind deutschlandweit einzigartig. Für Ihren Lebenstraum sind Sie an 365 Tagen im Jahr zusammen mit ihrer Familie und den Stallarbeitern für aktuell zirka 80 Pferde, sieben Hektar Grund und Wiesen der Anlage und insgesamt 50 Hektar Grünland verantwortlich. Würden Sie den Weg heute wieder so gehen?
Pferdehaltung und Pensionsbetrieb sind sicher nicht immer einfach. Natürlich gab es Höhen und Tiefen. Trotzdem haben wir die Umstellung nie bereut. Wir profitieren davon, dass die Anlage für Pferde, Besitzer und Reiter sehr beliebt ist und wir viele Alleinstellungsmerkmale haben. Dafür haben wir viel geleistet und investiert, die Anlage wurde im Laufe der Jahre immer größer. Nach dem Start und der ersten Reithalle kam etwa zwölf Jahre später die zweite Reithalle mit der 60 mal 20 Meter großen Reitfläche sowie Zuschauertribüne und weiteren 17 Paddock-Boxen. Dazu kamen der große Springplatz, eine Führanlage sowie stetig neue Bauten und Stallungen im Außenbereich.
Was sind die Besonderheiten Ihres Hofs?
Neben der außergewöhnlichen Lage und den vielen Ausreitmöglichkeiten in der Umgebung ist für Reiter und Pferdebesitzer sicher auch die Stimmung in familiärer Atmosphäre wichtig, schließlich verbringen die meisten einen mächtigen Teil ihrer Freizeit im Stall. Davon abgesehen kennen und mögen wir jedes Tier auf seine Art und achten auf artgerechte Haltung. Dass alle Pferde rund um die Uhr im Heu zupfen und fressen, ist im Vergleich zu anderen Anlagen sicher ein eher seltener Luxus. Ebenso wie der tägliche Koppelgang und das Spielen in der Herde.
Welche Vorsorgemaßnahmen sind für Sie elementar?
Versicherungen waren und sind für uns ein großes und wichtiges Thema. Wir haben darauf geachtet, für uns und die Kinder alle relevanten Policen früh und somit noch erschwinglich abzuschließen. Dazu zählen private Krankenversicherungen ebenso wie Berufsunfähigkeitsversicherungen. Als langjährige Kunden haben wir uns mit einem großen Versicherer im Paket gut abgesichert. Natürlich ist unser Lebenswerk, der Hof, ein großer Bestandteil familiärer Vorsorge.
Wie wichtig ist Familie?
Der familiäre Zusammenhalt ist elementar. Das zeigt sich spätestens dann, wenn einmal alle Arbeiter vom Hof sind, etwa an besonderen Feiertagen und in Urlaubszeiten. Oder es krankheitsbedingte Ausfälle gibt. Aus fester Überzeugung packt die ganze Familie mit an. In vielen großen Reitanlagen arbeiten die Inhaber nicht mit und sind damit nicht mitten im Betrieb ansprechbar. Dieser Zusammenhalt ist kein Selbstverständnis, daher haben wir diese Werte immer gelebt und den Kindern vorgelebt. Zudem haben wir alle einfach Spaß an dem, was wir tun. Das hat sich in all den Jahren nicht geändert.
Wie gelingt der Spagat zwischen Tradition und Innovation und was raten Sie jungen Landwirten, die heute überwiegend nur noch im Nebenerwerb tätig sind?
Letztlich haben wir mit der Umstellung von den Kühen zu den Pferden schon auch mit der Tradition gebrochen. Gleichzeitig war klar, die Zeiten ändern sich. Und so wollten wir vorwärts denken und umsatteln. Und wir fällten eine innovative Entscheidung. Für uns waren Tradition und Innovation kein Widerspruch. In Punkto Modernisierung hat mein Mann großen Respekt vor der Weiterentwicklung von Material und Gerät. So befindet sich die Anlage stetig in Veränderungen und Baumaßnahmen. Entsprechende Finanzierungen und Investitionen gehören zum Alltag dazu. So würden wir es auch anderen Unternehmen empfehlen. Die Mischung aus der Liebe zu den Tieren und zur Arbeit sowie viel Leidenschaft für die Sache und die stetige Weiterentwicklung des Betriebes sind die Grundlage für alles. Ohne dem geht es nicht.
Wie sehen Sie die Zukunft der landwirtschaftlichen Betriebe im Vergleich zu anderen EU-Ländern und was wünschen Sie sich für Ihre Zunft?
Im Vergleich zu anderen Ländern würde ich mir für Deutschland weniger Bürokratie und Auflagen wünschen. Die kleinen Landwirtschaften müssen einen immensen Teil ihrer Arbeit im Büro sowie mit Verwaltung und Technik verbringen. Nichts geht mehr ohne Computer. Das steht in keinem Verhältnis zur eigentlichen Tätigkeit, erst Recht im Nebenerwerb. Das ist der Grund, weswegen immer mehr kleine Betriebe nicht mithalten können und aufgeben müssen. Insbesondere wenn der Nachwuchs fehlt.
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